Viele Vertraulichkeitsvereinbarungen unwirksam  

Häufige Formulierung gerichtlich für schädlich erklärt

Geheimhaltungsabkommen, Vertraulichkeitsvereinbarung oder NDA (für Non-Disclosure Agreement) – so lauten unterschiedliche Bezeichnungen für den im Geschäftsleben am häufigsten geschlossenen Vertrag.

Ein NDA wird selten geprüft und rasch unterschrieben.

Praxistipp:
Prüfen Sie NDA oder Vertraulichkeitsklauseln genau, ob es sich um eine wirksame Vereinbarung handelt!

Oft geht das gut, weil 90% des Inhaltes in den meisten NDA identisch ist. Die Formulierungen unterscheiden sich in der Regel nur darin, was genau geheimzuhalten ist. Dabei meinen es manche zu gut und schießen über das Ziel hinaus: Dann sollen schlicht „alle Informationen“ vertraulich behandelt werden. Selbst Rechtsabteilungen von großen Firmen bestehen mitunter auf einer derart weiten Regelung. Das war schon immer gefährlich.

Inzwischen ist durch ein Obergericht geklärt, dass eine pauschale Formulierung den Geheimnisschutz aufhebt! Was war passiert? Ein Unternehmen hatte seinen Mitarbeitern in den Anstellungsvertrag geschrieben: „(…) verpflichtet sich der Arbeitnehmer zu absoluter Verschwiegenheit (…) in Bezug auf alle geheimhaltungsbedürftigen Vorgänge“. Soweit noch in Ordnung, aber dann hieß es:

„Die Geheimhaltungspflicht erstreckt sich auf alle Angelegenheiten und Vorgänge, die im Rahmen der Tätigkeit bekannt geworden sind und bekannt werden, aber auch auf sonstige (…) Umstände im Unternehmen, die nicht zu den formellen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gehören.“

Ein Mitarbeiter kündigte, nahm die Kunden- und Preislisten mit und nutzte sie bei einem Wettbewerber. Das wollte der Geschädigte verbieten und klagte auf Unterlassung. Weil es um Ansprüche aus einem Anstellungsvertrag ging, waren die Arbeitsgerichte zuständig.

In dieser Sache entschied in zweiter Instanz das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 3.6.2020 (Az. 12 SaGa 4/20): Nach § 2 des gerade zwei Jahre alten Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) gibt es Schutz nur für Informationen, die „Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ sind. Das Gericht konnte im einstweiligen Verfügungsverfahren zwar nicht abschließend klären, welche Anforderungen an angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen genau zu stellen sind.

Zwei Dinge stellte das Gericht gleichwohl deutlich fest:

  1. Vertragliche Vereinbarungen können ein angemessenes Mittel zum Geheimnisschutz darstellen.
  2. Erfasst eine solche Vereinbarung schlicht alles ohne jeden Bezug zu echten Geheimnissen, ist sie ein unzureichendes Schutzmittel.

Und so stufte das Gericht die oben wiedergegebene Klausel im Anstellungsvertrag ein: Weil schlicht alle Angelegenheiten und Vorgänge im Rahmen der Tätigkeit erwähnt seien, sei die Formulierung letztlich inhaltsleer. Wenn man das zuließe, würde § 2 Nr. 1 Buchstabe b GeschGehG leerlaufen.

Das Urteil wird einige Juristen überraschen, die gern zu weitreichender Geheimhaltung in Verträgen rieten. Nun ist zu diesem Thema klargestellt: Viel hilft nicht viel, es schadet sogar!

Praxistipp:
Prüfen Sie bislang von Ihnen verwendete Vertragsmuster und Vertraulichkeitsklauseln, insbesondere in Anstellungsverträgen: Sind die geheimzuhaltenden Informationen hinreichend genau bezeichnet?

Unser Fazit:
Das Urteil stellt klar, was wir in unserer Beratungspraxis stets empfohlen haben: Beschränken Sie vertraglich vereinbarte Vertraulichkeit auf genau bezeichnete Informationen und übertreiben Sie es nicht – sonst läuft der Geheimnisschutz leer!